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Gemeinsam für gleichwertige Lebensverhältnisse
seniorTrainerinnen plädieren für ein vorurteilsfreies Miteinander von Ost und West

Gleichwertigkeit bedeutet nicht Gleichheit – diese Grundüberzeugung teilten die rund 100 Teilnehmenden und die Referentinnen und Referenten der Fachtagung der seniorTrainerinnen am 2. November 2023. Bei der Bewältigung der vielfältigen aktuellen Probleme gehe es vielmehr um Chancengleichheit für alle – unabhängig vom Wohnort – und auch um ein vorurteilsfreies Miteinander von Ost und West.

Eine klare Absage an eine neue Ost-West-Debatte erteilte gleich zum Auftakt Helga Bomplitz, Vorsitzende des Landesringes M-V des Deutschen Seniorenringes. Die Kategorisierung der Ostdeutschen in „Sozio-Ostdeutsche mit Osthintergrund“, „Emo-„ „Bio-“ und „Geo-Ostdeutsche“ schüre neue Kontroversen und trage nicht zur konstruktiven Lösung der zahlreichen gesamtdeutschen Probleme bei. „Wenn wir so weitermachen, dauert es noch Jahrzehnte, bis wir begreifen, dass wir nur gemeinsam etwas erreichen können“, so Bomplitz. Sie verurteilte die Äußerungen von Springervorstand Mathias Döpfner, die Ostdeutschen würden nie Demokraten, als unverschämt und respektlos. „Was seniorTrainerinnen mit ihrem Engagement leisten, ist Demokratie pur!“, betonte sie.

Auch Ministerpräsidentin und Schirmherrin der Tagung Manuela Schwesig würdigte in ihrer Video-Botschaft das Engagement der 800 seniorTrainerinnen im Land: „Sie sind eine starke, tragende Stütze des Ehrenamtes!“ Um gleichwertige Lebensverhältnisse erreichen zu können, brauche es aber auch gute Rahmenbedingungen, fügte sie hinzu.

„Der Versuch, Ost und West gegeneinander auszuspielen, ist vollkommen neben der Spur“, fand auch Loring Sittler, Berater für Fragen des gesellschaftlichen Wandels. Er appellierte an die Ehrenamtlichen, sich „als Treiber vor Ort“ einzusetzen: „Fragen wir uns, was wir selbst dazu beitragen können, die Daseinsvorsorge vor Ort zu verbessern!“ Es brauche ein Miteinander von Staat, Wirtschaft und Bürgergesellschaft sowie verlässliche Rahmenbedingungen für ehrenamtliches Engagement. Gute Beispiele für vernetzte Seniorenarbeit seien unter anderem Seniorengenossenschaften.

Gleichwertigkeit sei nicht gleichbedeutend mit Gleichartigkeit, betonte Thomas Deiters vom Städte- und Gemeindetag M-V, jedoch müsse die Politik ein Mindestmaß an Homogenität sicherstellen. „Die nähere Ausgestaltung vor Ort liegt dann in der Verantwortung der Länder, Städte und Gemeinden – und im gesellschaftlichen Engagement der Bürgerinnen und Bürger.“

„Ist es wirklich so, dass sich die Lebensverhältnisse in Ost und West grundlegend unterscheiden?“, fragte Heiko Miraß, Parlamentarischer Staatssekretär für Vorpommern und das östliche Mecklenburg. Ja, es gebe Nachholbedarf in Ostmecklenburg und Vorpommern, aber die Unterschiede zum westlichen Landesteil hätten sich verringert. Er plädierte dafür, die lange, unterschiedliche Geschichte und Entwicklung der beiden Landesteile von M-V nicht außer Acht zu lassen. Bei aller Angleichung sollten die jeweiligen Besonderheiten von Vorpommern und Mecklenburg auch künftig Bestand haben. Als wichtige Zukunftsthemen nannte Miraß die Mobilität, die Sicherung der Grundversorgung, die Attraktivität der Regionen auch für junge Menschen, die Stärkung der regionalen Identität und die Förderung und Stärkung der Bürgerbeteiligung.

Ausgrenzung, Aggressivität und Diffamierung seien zurzeit leider oftmals wichtiger als Austausch und Respekt, beklagte Sozialministerin Stefanie Drese. „Verantwortung und Kompromissbereitschaft sind jedoch keine Schwäche, sondern die Stärke der demokratischen Gesellschaft“, betonte sie. Eine Gesellschaft lebe vom Miteinander, vom freiwilligen Engagement der Bürgerinnen und Bürger. „Sie sind mit Ihren vielfältigen Initiativen vor Ort Werbebotschafter für eine aktive Bürgerbeteiligung“, lobte Drese das Engagement der seniorTrainerinnen und versprach, dass die Landesregierung bis 2025 eine Ehrenamtsstrategie entwickeln würde, um die Rahmenbedingungen für das Ehrenamt zu verbessern und zu verstetigen.

Bürgermeister Ronald Radscheidt stellte Erfahrungen und Perspektiven bei der Entwicklung seiner Gemeinde Plate bei Schwerin vor. Dass die Gemeinde so gut dastehe, erklärt er mit der grundlegenden Strategie: „Statt Klienteldenken setzen wir auf Generationen übergreifende Projekte, Veranstaltungen und Aktionen!“ So könne man es schaffen, ein lebenswerter Ort für Alt und Jung zu sein. Das Genossenschaftsmodell wolle man in Plate bei dem geplanten Energiepark aufgreifen, den Gemeinde, Wirtschaft und Bürgergesellschaft gemeinsam realisieren wollen.

Jeder sollte – unabhängig vom Wohnort -, gut versorgt und gut angebunden sein an das gesellschaftliche Leben, sagte Christine Klingohr. Angesichts der dünnen Besiedelung und des demografischen Wandels stelle das den Landkreis Ludwigslust-Parchim vor große Herausforderungen, so die Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Finanzausschusses im Kreistag. Sie nannte als vordringliche Handlungsfelder die Sicherung der medizinischen Versorgung, die Verkehrsinfrastruktur, den Breitbandausbau und das Startup- und Gründerzentrum deve-LUP.

Klima- und Umweltschutz gehören auch zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse, stellte Kristin Klinger klar, Geschäftsführerin der Klima- und Umweltstiftung M-V. Man dürfe Menschen mit ihren unterschiedlichen Lebensrealitäten nicht gegeneinander aufhetzen. „Diese Riesenaufgabe können wir nur gemeinsam angehen!“ Über das WIE könne man streiten, nicht aber über das WARUM.

Die Runde der Referenten beschloss Michael Seidel, Chefredakteur der Schweriner Volkszeitung. „Eine freie, unabhängige Presse ist für die Demokratie unverzichtbar“, sagte er und warnte vor dem Sterben täglich erscheinender Regionalzeitungen: „Dann ist keiner mehr da, der politische Aushandlungsprozesse in der Stadtvertretung oder im Kreistag erklärt und kritisch hinterfragt!“ Wichtig sei es, für mehr Medienkompetenz zu sorgen und die Menschen aller Altersgruppen zu Medien- und Quellenkritik zu befähigen.

Ehrung mit dem Ehrenamtsdiplom

Höhepunkt und Abschluss der Fachtagung war die Würdigung und Ehrung von sechs langjährig engagierten seniorTrainerinnen. Über das Ehrenamtsdiplom freuten sich Otto Woit (Mehrgenerationenhaus Torgelow), Wolfgang Werth (Seniorenbüro Neubrandenburg), Maria Lebek (Bürgerhafen Greifswald), Eberhard Lincke (Mehrgenerationenhaus Stralsund), Christel Adolph (Seniorenbüro Schwerin) sowie Helga Ketelhohn und Renate Engler (beide Rostocker Seniorenakademie).


Jetzt erst recht!
Fachtagung zur Teilhabe und Mitgestaltung der älteren Generation

Bei der Fachtagung der seniorTrainerinnen am 11. Mai 2023 stand erneut die gleichberechtigte Teilhabe der Älteren am gesellschaftlichen Leben im Fokus. Dabei kristallisierte sich sowohl in den Fachvorträgen als auch in der Diskussion eine grundlegende Erkenntnis und Forderung heraus: Die aktuellen und zukünftigen Probleme der Gesellschaft können nur durch ein Miteinander der Generationen gemeistert werden.

Das Motto der Tagung Jetzt erst recht klingt nicht nur selbstbewusst“, sagte Helga Bomplitz, Vorsitzende des Landesring M/V des Deutschen Seniorenringes e.V., zum Auftakt, es beinhalte auch die Forderung nach entsprechenden Rahmenbedingungen für Teilhabe und Mitbestimmung der Älteren. Dabei sei der Dialog der Generationen unverzichtbar. Zwar habe jede Generation ihre eigene Lebenswirklichkeit, aber „demografische Krisen können nur gemeinsam bewältigt werden“.

Diese Forderung zog sich wie ein roter Faden durch alle Fachreferate.

„Der Klassiker – Jugendliche erklären den Senioreninnen Handy und Tablet – wird der Lebenswirklichkeit mit wechselseitigem Geben und Nehmen nicht gerecht“, betonte Karl Michael Griffig, stellvertretender BAGSO-Vorsitzender. Zu den Themenschwerpunkten der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen gehöre neben Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Klimaschutz sowie Bürokratieabbau bei der Förderung des Ehrenamtes auch die Solidarität der Generationen.

Ihre Forschungen zum Thema Altersbilder und Altersdiskriminierung würden keinen Hinweis geben auf universellen Ageismus in den Köpfen der Deutschen, erklärte Valentina Ludwig von der Medical School Berlin. Vielmehr sei ein differenzierter Blick auf die Lebensphase ALTER zu konstatieren – sowohl bei den jüngeren als auch bei den älteren Menschen. Häufig würde Alter pauschal als defizitär wahrgenommen; Jüngeren fühlten sich in Beruf und Politik einer Übermacht Älterer gegenüber, jede/r Dritte (auch die Älteren selbst!) erwarte vor den Senioreninnen gesellschaftlichen Rückzug und „Nicht-zur-Last-Fallen“. Zugleich hätten Ältere einen differenzierteren Blick auf das Alter und die jüngere Generation gestehe den Älteren mehr Rechte zu, als diese Gruppe selbst für sich beanspruche. Diese Spannungen zwischen den Generationen müssten thematisiert werden. Ludwigs Fazit: „Wir sollten lernen, Ageismus zu erkennen und ihm entgegenzutreten.“ Dies eröffne neue Möglichkeiten für eine positive Gestaltung der Lebensphase Alter.

Niklas Rathsmann von der Körber-Stiftung nahm das Thema Einsamkeit in den Blick. Auch dies sei kein Problem nur der älteren Generation, betonte er. Allerdings steige in einer alternden Gesellschaft das Risiko für Einsamkeit. Als einsamkeitsfördernde Faktoren nannte er u.a. Partnerlosigkeit, fehlende Infrastruktur, Krankheit, Armut und niedrigen Bildungsgrad. Allerdings bedeute Alleinsein nicht automatisch Einsamkeit. Auch sei Einsamkeit nicht gleichzusetzen mit sozialer Isolation. Vielmehr resultiere das Gefühl der Einsamkeit aus der Diskrepanz zwischen gewünschter und gefühlter Einbindung in die Gesellschaft. Mittel gegen Einsamkeit sehe er im Kampf gegen Altersarmut, gegen Strukturabbau, für gleichwertige Lebensverhältnisse sowie in kommunalen, öffentlich zugänglichen Begegnungsangeboten ohne Konsumzwang.

Als ein Instrument zur politischen Mitwirkung der Senioreninnen stellte Brigitte Seifert aus Torgelow das Format „Altenparlament MV“ vor. Dieses sei 1999 als erstes Altenparlament in den Neuen Bundesländern überhaupt etabliert worden und habe im Oktober 2022 zum 12. Mal im Landtag MV stattgefunden. Neben den Themen Beratungslandschaft in MV und Medienkompetenz gehöre auch das Ziel einer lebenswerten Zukunft für Alt und Jung in MV zu den aktuellen Forderungen an die Landespolitiker.

Eine landesweite Interessenvertretung von Kinder und Jugendlichen gebe es in Mecklenburg-Vorpommern noch nicht, räumte Frederic Werner ein. Die im Januar 2022 eingesetzte Enquete-Kommission des Landtages „Jung sein in MV“, deren Geschäftsstelle er leitet, sei ein wichtiger Schritt hin zu mehr Jugendbeteiligung in der Landespolitik. Die Kommission soll elf Themenfelder beleuchten und Handlungsempfehlungen für die Landespolitik erarbeiten, u.a. für Teilhabe, Mitwirkung und bürgerschaftliches Engagement. Darüber hinaus soll sich die Kommission, der 13 Abgeordnete aller sechs Fraktionen und 12 nichtparlamentarische Sachverständige angehören, zu Grundfragen des zukünftigen Zusammenlebens der Generationen, zum Verhältnis von individueller Verantwortung und staatlicher Daseinsfürsorge sowie zur Chancengerechtigkeit verständigen.

„Gemeinsam mit der Jugend Zukunft gestalten“ war der Redebeitrag von Loring Sittler überschrieben. Der Berater für Fragen des gesellschaftlichen Wandels würdigte die vielfältigen Einzelprojekte im zivilgesellschaftlichen Engagement von Seniorinnen, jedoch müsse neben der „Hamster-Projektarbeit“ ein Teil des Engagements in politische Zukunftsarbeit investiert werden: „Aktuelle und Zukunftsprobleme müssen gleichberechtigt im Blick von Engagement sein!“ Neben aller berechtigten Sorge um den Klimawandel müsse man sich fragen: „Wo sind die Prioritäten, die wir in eigener, nationaler Verantwortung setzen und beeinflussen können?“ Die Menschen müssten für die Ungerechtigkeiten zwischen den Generationen sensibilisiert werden. Dafür sei der Dialog zwischen Jung und Alt vor Ort unverzichtbar.

Für ein Miteinander der Generationen plädierte auch Prof Dr. Claudia Neu. „Alle Generationen haben verinnerlicht, dass sie jeweils füreinander eintreten sollten“, sagte die Soziologin von der Universität Göttingen. Dabei gehe es aber nicht „nur“ um das FÜReinander, sondern vielmehr um das MITeinander! Auch angesichts des Wandels des zivilgesellschaftlichen Engagements – von festen, institutionalisierten Strukturen zu neuen, fluiden Engagementformen – forderte sie mehr generationenübergreifende Projekte. Sie stellte fünf Kommunen vor, die Zukunfts- und Konfliktthemen aufgreifen und dabei die Potenziale aller Generationen einbeziehen. Ein Beispiel sei das Dorf Balow im Landkreis Ludwigslust-Parchim. Hier würden alle 320 Einwohnerinnen und Einwohner in die Dorfpolitik eingebunden – von der neuen Spielplatzwippe bis zur Begrünung der öffentlichen Plätze.

„Ja – wir brauchen neue Dialogprojekte zwischen den Generationen“, lautete das Fazit von Helga Bomplitz am Ende der Tagung: „Das Miteinander-Reden ist das A und O!“

Claudia Richter


Sozialministerin Stefanie Drese zeichnete langjährig aktive seniorTrainerinnen mit dem Ehrenamts-Diplom aus.

20 Jahre seniorTrainer-Ausbildung in MV
Festlicher Jubiläums-Empfang in Schwerin

Im Anschluss an die Fachtagung wurde das 20-jährige Jubiläum des Landesprojektes „Weiterbildung älterer Menschen für bürgerschaftliches Engagement als seniorTrainerin“ gewürdigt. Förderer und Unterstützer des erfolgreichen Projektes gratulierten und dankten den rund 800 seniorTrainern und seniorTrainerinnen, die seit Programmstart ausgebildet wurden, für ihr Engagement. Rund 100 der Ehrenamtlichen nahmen an der Feierstunde teil. Sozialministerin Stefanie Drese zeichnete sechs langjährig aktive seniorTrainerinnen mit dem Ehrenamts-Diplom aus.

Helga Bomplitz, Vorsitzende des Landesring M/V des Deutschen Seniorenringes e.V., dankte allen seniorTrainern und  seniorTrainerinnen sowie den Agentur-Leiterinnen für ihre Arbeit. Zugleich appellierte sie an Landtag und Landesregierung: „Mecklenburg-Vorpommern braucht dringend einen Neustart für das zivilgesellschaftliche Engagement! Wir fordern eine Engagementpolitik, die ein selbstbestimmtes Engagement ermöglicht!“

seniorTrainerinnen haben ein unschätzbares Potenzial – sie haben oft Zeit und setzen diese für unsere Gemeinschaft ein“, sagte Sozialministerin Stefanie Drese in ihrem Grußwort. Auch sie dankte allen Engagierten für ihren Einsatz. Das erklärte Ziel der Landesregierung sei es, das ehrenamtliche Engagement weiterzuentwickeln und die Rahmenbedingungen dafür zu verbessern.

„Bürgerschaftliches Engagement wird gerade in Zeiten gesellschaftlicher Krisen immer wichtiger“, erklärte Schwerins Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier. Es stärke nicht nur den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern fördere auch selbstbestimmtes Handeln.

Die seniorenpolitischen Sprecherinnen der SPD- sowie der Linksfraktion im Landtag, Christine Klingohr und Elke-Annette Schmidt, schlossen sich dem Dank und den Glückwünschen an. „Eine lebendige Demokratie braucht aktive Bürger und Bürgerinnen“, waren sich beide Landtagsabgeordnete einig.

Den Reigen der Gratulanten beschloss Bernd Rosenheinrich, Vorsitzender des Landes-Seniorenbeirates. Er sprach wohl allen Anwesenden aus dem Herzen: „Der Wunsch nach lebenslangem Lernen endet nicht mit dem Eintritt ins Rentenalter!“

Hintergrund

Landesprojekt „Weiterbildung älterer Menschen für bürgerschaftliches Engagement als seniorTrainerin sowie deren fachliche Begleitung“
Menschen, die nach Ausscheiden aus dem Berufsleben weiterhin aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und sich ehrenamtlich engagieren möchten, können sich zum seniorTrainer bzw. zur seniorTrainerin ausbilden lassen. In einem Grundkurs werden sie auf ihr künftiges Engagement vorbereitet. Der Grundkurs endet mit einem Zertifikat und wird ergänzt durch landesweite Fachtagungen zu aktuellen Themen. Seit Programmstart 2002 konnten 800 seniorTrainer und seniorTrainerinnen ausgebildet werden. Gefördert wird das Projekt unter der Trägerschaft des Landesring M/V des Deutschen Seniorenringes e.V. durch das Sozialministerium MV.


„Für eine starke Zivilgesellschaft“
Fachtagung der seniorTrainerinnen und seniorTrainer zum Thema

„Engagement und Demokratie“

Nichts Geringeres als die Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements stand im Fokus der Fachtagung, zu der der Landesring M/V des Deutschen Seniorenringes e.V. rund 100 seniorTrainerinnen und seniorTrainer am 27. Oktober nach Schwerin ins Ludwig-Bölkow-Haus der IHK eingeladen hatte. Schwerpunkte der Fachvorträge und der Diskussion waren die Forderungen nach einer Landes-Engagementstrategie und nach Entbürokratisierung der Förderpraxis im Ehrenamt.

Helga Bomplitz, Vorsitzende des Landesring M/V des Deutschen Seniorenringes e.V., bekräftigte diese Forderung und appellierte an Landtag und Landesregierung: „Sonntagsreden helfen nicht weiter – was wir brauchen, ist eine Landes-Engagementstrategie.“ Gerade angesichts des Erstarkens rechtspopulistischer Kräfte brauche es eine starke Zivilgesellschaft.

„Wir Politikerinnen und Politiker sind besser als unser Ruf“, entgegnete Ariane Fäscher. Es sei viel passiert, sagte die Bundestagsabgeordnete und verwies auf die Gründung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, die ihren Sitz in Neustrelitz hat. Angesichts der aktuellen Krisen seien aber andere Rahmenbedingungen erforderlich. „Engagement findet vor Ort statt, in den Städten und Gemeinden“ – dies müsse mitgedacht werden, wenn über eine nationale Engagementstrategie nachgedacht werde.

Dr. Holger Krimmer lenkte das Augenmerk der Tagungsgäste in die Zukunft. „Was müssen wir heute tun, um zukunftsfähig zu sein?“, fragte der Geschäftsführer der ZiviZ gGmbH. Zwar steige die Engagement-Quote, zugleich aber sinke die Bereitschaft zur Übernahme von Führungsaufgaben. Hinzu kämen der Bevölkerungsrückgang, die Überalterung der Gesellschaft und die wachsende soziale Ungleichheit. Dies alles stelle das Ehrenamt vor große Herausforderungen.

Jan Holze, Vorstand der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, sieht die Gründung der Stiftung auch als ein Beispiel dafür, dass „Forderungen und politisches Handeln auch Ergebnisse zeigen“. Die Stiftung biete Service und Beratung, beispielsweise helfe sie bei der Beantragung von Projektförderung, organisiere Seminare und Fachtagungen. „Wir wollen euch helfen, weiter zu helfen“, brachte Holze das Anliegen der Stiftung auf den Punkt.

„Ehrenamt ist nicht nur in Krisenzeiten wichtig“, betonte Loring Sittler, Berater für Fragen des gesellschaftlichen Wandels. Er kritisierte, dass bürgerschaftliches Engagement vorrangig auf die Lösung sozialer Probleme reduziert werde, die die Politik nicht löse. „Wer bürgerschaftliches Engagement sagt, muss gesellschaftliches Engagement meinen!“ Sein Appell an die Tagungsteilnehmerinnen: „Empört euch! Engagiert euch!“

Jochen Schmidt, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, rät bei aller Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation zu mehr Gelassenheit. „Der Demokratie als Regierungsform stimmen 88 Prozent der Bevölkerung in Deutschland zu“, betonte er. Es brauche aber mehr Bürger, die das demokratische System nicht nur akzeptieren, sondern mitgestalten wollen und können. Hierfür sehe sich die Landeszentrale als Service- und Beratungsstelle.

Bildquelle: Seniorenbüro Schwerin


Alter schützt vor TORheit nicht (Claus Oellerking)

„Gefühlte Wahrheiten und belegbare Zahlen sind zwei verschiedene Dinge, das gilt auch für die Digitalisierung in MV und die Nutzung digitaler Medien durch ältere Menschen.“, so Helga Bomplitz, Vorsitzende des Landesring M/V des Deutschen Seniorenringes e.V. zur Eröffnung der Fachtagung der „seniorTrainerinnen“. Die rund 90 Teilnehmenden im Alter zwischen 55 und 80 Jahren sind aus allen Regionen Mecklenburg-Vorpommern nach Schwerin gekommen und wollen wissen, welche Chancen und Herausforderungen die Digitalisierung im Alltag mit sich bringt.
Und die Referenteninnen legen viele Zahlen auf den Tisch. Die Bandbreite der digitalen Möglichkeiten, die von den Tagungsgästen genutzt werden, ist groß: Einkaufen bei Online-Anbietern, Buchung von Fahrkarten und Reisen, die Suche nach Informationen und die Kommunikation in Sozialen Netzwerken und mit Hilfe von Messenger-Diensten sind für sie nichts besonders. „Wir haben auch gute Erfahrungen mit dem Einsatz von Tablet-PCs, die für Menschen mit Sehbinderungen als Lesehilfen dienen und Senioreninnen helfen, ihre Fingerfertigkeit zu erhalten, indem sie sich am Bildschirm mit Computerspielen beschäftigen.“, sagt Stephan Seiffert von der „Stiftung Digitale Chancen“.
„In MV nutzen 74% der Menschen das Internet täglich. Das ist etwas unter dem Bundesdurchschnitt von 84%.“, so Nicole Opiela vom Kompetenzzentrum Öffentliche IT des Frauenhofer-Instituts. „Fast die Hälfte der Befragten sucht online den Kontakt zu Behörden und öffentlicher Verwaltung, aber nur jede(r) Sechste versendet zum Beispiel ausgefüllte Formulare elektronisch.“ – „Da ist in den Verwaltungen sicher noch Luft nach oben.“, meint der Schweriner Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier. Bis 2022 sollen Bund, Länder und die Kommunen alle Verwaltungsleistungen in Deutschland über Verwaltungsportale auch digital anbieten und diese Portale zu einem Verbund verknüpfen. Das fordert das Onlinezugangsgesetz (OZG) von 2017. „Für uns ist das eine Herkulesaufgabe, der wir uns natürlich stellen.“ so BadenschierDrei Verwaltungsdienstleistungen können in Schwerin bisher vollständig digital erledigt werden: Anmelden einer Veranstaltung, Anmelden der Hundesteuer und der Anwohnerparkausweis.
Wer digital dabei sein möchte, braucht einen Zugang zum Internet und muss die Bedienung von Smartphone, Tablet und Co. erlernen. „Das ist nicht für jeden gegeben.“, stellt Harald Seiler, einer der seniorTrainer, fest. „Unabhängig davon, ob das Internet in den Dörfern schnell oder langsam ist, es kann nicht jeder 50 € oder 60 € im Monat dafür auf den Tisch legen oder einen Hausanschluss für 900 € bis 1.300 € bezahlen.“ – „Silver-Surfer“, nennen sich ehrenamtliche seniorTrainerinnen, die ältere Menschen beim Erlernen der Technik unterstützen. Sie arbeiten mit kleinen Gruppen oder auch mal mit Einzelpersonen. Das kostet Geld für Räume, Technik, Internetnutzung und wie so oft, ist die Finanzierung solch ehrenamtlichen Handelns nicht zuverlässig abgesichert. Gerade im ländlichen Bereich, wo der Online-Handel oder der Einsatz von „Tele-Notärzten“ besonders sinnvoll sei, könnte es also für manche Menschen schwierig werden. Das wäre in unserem Flächenstaat mit einem hohen Anteil älterer Menschen sicher keine gute Entwicklung.
Mindestens eines wurde klar: Alter schützt nicht vor Neugierde, Lernbereitschaft und Begeisterung für die digitalen Möglichkeiten. Schutz der Daten ist ein Aspekt, der dabei immer eine wichtige Rolle spielt. Und so nutzen auch manche der Senioren das TOR-Netzwerk – The Onion Router – als Zugang zu Internet. Mit dem TOR-Browser gibt es eine Möglichkeit im Internet anonym zu surfen und somit den Schutz der Privatsphäre und der Daten zu erhöhen. In jedem Alter.


Qualifizierung zum/zur seniorTrainerin

Dem bürgerschaftlichen Engagement kommt angesichts des demografischen Wandels und den damit verbundenen Herausforderungen eine Schlüsselrolle zu.

Das wissen auch die Senioren und Seniorinnen, die nach der Qualifizierung im Rahmen des Landesprojektes: „Weiterbildung älterer Menschen für bürgerschaftliches Engagement als seniorTrainerin“ am 14.11.2019 im Beisein des Stadtpräsidenten unserer Landeshauptstadt ihr Zertifikat entgegennehmen konnten. Mit neuen Ideen und Projekten werden sie künftig in unterschiedlichen Regionen unseres Bundeslandes aktiv werden. Zielgruppen ihres Engagements sind u.a. Kinder- und Jugendliche, ältere Menschen auch junge Familien freuen sich über die Unterstützung der „Familienpaten“.

Unter der Trägerschaft des Landesring M/V des Deutschen Seniorenringes e.V., gefördert durch das Ministerium für Soziales, Integration und Gleichstellung, findet auch im kommenden Jahr wieder ein neuntägiger Grundkurs zur Qualifizierung zum/zur seniorTrainerin statt.

Weitere Informationen unter http://www.seniorenring-mv.de oder auch telefonisch unter: 0385 5574962.