„Gefühlte Wahrheiten und belegbare Zahlen sind zwei verschiedene Dinge, das gilt auch für die Digitalisierung in MV und die Nutzung digitaler Medien durch ältere Menschen.“, so Helga Bomplitz, Vorsitzende des Landesring M/V des Deutschen Seniorenringes e.V. zur Eröffnung der Fachtagung der „seniorTrainerinnen“. Die rund 90 Teilnehmenden im Alter zwischen 55 und 80 Jahren sind aus allen Regionen Mecklenburg-Vorpommern nach Schwerin gekommen und wollen wissen, welche Chancen und Herausforderungen die Digitalisierung im Alltag mit sich bringt.
Und die Referenteninnen legen viele Zahlen auf den Tisch. Die Bandbreite der digitalen Möglichkeiten, die von den Tagungsgästen genutzt werden, ist groß: Einkaufen bei Online-Anbietern, Buchung von Fahrkarten und Reisen, die Suche nach Informationen und die Kommunikation in Sozialen Netzwerken und mit Hilfe von Messenger-Diensten sind für sie nichts besonders. „Wir haben auch gute Erfahrungen mit dem Einsatz von Tablet-PCs, die für Menschen mit Sehbinderungen als Lesehilfen dienen und Senioreninnen helfen, ihre Fingerfertigkeit zu erhalten, indem sie sich am Bildschirm mit Computerspielen beschäftigen.“, sagt Stephan Seiffert von der „Stiftung Digitale Chancen“.
„In MV nutzen 74% der Menschen das Internet täglich. Das ist etwas unter dem Bundesdurchschnitt von 84%.“, so Nicole Opiela vom Kompetenzzentrum Öffentliche IT des Frauenhofer-Instituts. „Fast die Hälfte der Befragten sucht online den Kontakt zu Behörden und öffentlicher Verwaltung, aber nur jede(r) Sechste versendet zum Beispiel ausgefüllte Formulare elektronisch.“ – „Da ist in den Verwaltungen sicher noch Luft nach oben.“, meint der Schwerie Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier. Bis 2022 sollen Bund, Länder und die Kommunen alle Verwaltungsleistungen in Deutschland über Verwaltungsportale auch digital anbieten und diese Portale zu einem Verbund verknüpfen. Das fordert das Onlinezugangsgesetz (OZG) von 2017. „Für uns ist das eine Herkulesaufgabe, der wir uns natürlich stellen.“ so Badenschier. Drei Verwaltungsdienstleistungen können in Schwerin bisher vollständig digital erledigt werden: Anmelden einer Veranstaltung, Anmelden der Hundesteuer und der Anwohnerparkausweis.
Wer digital dabei sein möchte, braucht einen Zugang zum Internet und muss die Bedienung von Smartphone, Tablet und Co. erlernen. „Das ist nicht für jeden gegeben.“, stellt Harald Seiler, einer der seniorTrainer, fest. „Unabhängig davon, ob das Internet in den Dörfern schnell oder langsam ist, es kann nicht jeder 50 € oder 60 € im Monat dafür auf den Tisch legen oder einen Hausanschluss für 900 € bis 1.300 € bezahlen.“ – „Silver-Surfer“, nennen sich ehrenamtliche seniorTrainerinnen, die ältere Menschen beim Erlernen der Technik unterstützen. Sie arbeiten mit kleinen Gruppen oder auch mal mit Einzelpersonen. Das kostet Geld für Räume, Technik, Internetnutzung und wie so oft, ist die Finanzierung solch ehrenamtlichen Handelns nicht zuverlässig abgesichert. Gerade im ländlichen Bereich, wo der Online-Handel oder der Einsatz von „Tele-Notärzten“ besonders sinnvoll sei, könnte es also für manche Menschen schwierig werden. Das wäre in unserem Flächenstaat mit einem hohen Anteil älterer Menschen sicher keine gute Entwicklung.
Mindestens eines wurde klar: Alter schützt nicht vor Neugierde, Lernbereitschaft und Begeisterung für die digitalen Möglichkeiten. Schutz der Daten ist ein Aspekt, der dabei immer eine wichtige Rolle spielt. Und so nutzen auch manche der Senioren das TOR-Netzwerk – The Onion Router – als Zugang zu Internet. Mit dem TOR-Browser gibt es eine Möglichkeit im Internet anonym zu surfen und somit den Schutz der Privatsphäre und der Daten zu erhöhen. In jedem Alter.
